Jetzt sind die Tage des Euskirchener Lehrerseminars gezählt (1979)
Vor 70 Jahren begann die Lehrerausbildung in Euskirchen

von Hans-Dieter Arntz
In: Kölnische Rundschau, Lokalteil Euskirchen, v. 31.05.1979

Mit dem Ausbau der Kreisstadt Euskir­chen verschwindet manches markante Gebäude; aber die supermodernen Neubauten wecken bei vielen Bürgern eher nostalgische Erinnerungen.

Mit Recht sind wir auf die „Stadt der Schulen" stolz; doch diese Bezeichnung wurde erst durch etwa 150jährige Bildungs- und Schulpolitik unse­rer Stadtväter erworben. Neben der Institutionalisierung ver­schiedenartiger Schultypen wurde am 18. Mai 1909, also vor genau 70 Jahren, das Städtische Lehrerseminar Euskirchen gegründet.

 

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Viele erinnern sich an das ehemalige Seminargebäude auf der Kommerner Straße, das zur Zeit noch als Kreisberufs­schule fungieren muss, aber nach dem Bezug eines großzü­gigen Neubaus in absehbarer Zeit abgerissen wird.

58 „Zöglinge"

In Euskirchen gab es seit 1877 eine private Präparanden­anstalt für Knaben, die 1907 drei Stufen und 58 „Zöglinge" hatte. Ostern 1907 durften kei­ne Neuaufnahmen mehr statt­finden, damit die Auflösung der Anstalt bis zum 1. April 1909 trotz eifriger Bemühungen des Lei­ters und der Stadt von der Un­terrichtsverwaltung durchge­setzt werden konnte.

Der Euskirchener Bürgermei­ster Dr. Sester sandte am 11. April 1907 „durch die Hand des Königlichen Provinzial-Schulkollegiums“ ein Schreiben an den Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten, Dr. Studt, nach Berlin. Darin führte er aus, ihm sei zu Ohren gekommen, dass die Königliche Unterrichtsver­waltung „die Errichtung eines staatlichen Lehrerseminars nebst Präparandenanstalt" im Regierungsbezirk Köln erwäge. Er wies auf die langjährige fruchtbare Arbeit der privaten Präparandenanstalt hin und bat den Minister, bei einer Entscheidung die Stadt Euskir­chen zu bedenken.

Dem Schrei­ben war ein Auszug aus dem Protokollbuch des Stadtverord­neten-Kollegiums beigefügt, das folgenden Wortlaut hat:

„Das Stadtverordnetenkollegi­um erklärt sich auf Vorschlag des Bürgermeisters bereit dem Herrn Minister ein zur Errich­tung eines staatlichen Lehrer­seminars nebst Präparandenanstalt geeignetes und dem Provinzial-Schulkollegium genehmes Terrain unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, auch die Anstaltsgebäude nach An­ordnung der Schulbehörde zu errichten und diese Gebäudlichkeiten dem Staate gegen eine mäßige Verzinsung zu überlassen".

Befürwortet

testDieser Antrag wurde vom Regierungspräsidenten in Köln befürwortet unter Hinweis auf den Charakter der Kreisstadt Euskirchen, „die in völlig länd­licher Umgebung liegt. Ein Ein­wohner gehören dem bürgerli­chen Mittelstand an und leben in ruhigen und einfachen Ver­hältnissen, so dass die ord­nungsgemäße Unterbringung der Zöglinge gewährleistet ist. Die steuerlichen Verhältnisse der Gemeinde sind geregelt."

Den Bestrebungen der Stadt gelang es tatsächlich, die Ge­nehmigung zur Errichtung eines staatlichen Präparandenkurses zu erlangen, der am 1. Oktober 1907 unter der Leitung des Lehrers Dinkelbach eröffnet wurde. Diesem Vorbereitungskurs sollte nun im Herbst 1910 ein Lehrerseminar folgen. Wegen des großen Lehrermangels jedoch wurde die Errichtung schon am 1. April 1909 vollzogen. Seminar- und Präparandenzöglinge wurden im alten Gymna­sium untergebracht. Hier waren bisher die Präparandinnen un­tergebracht, die nun umziehen mussten. Dies geschah in erster Linie aus disziplinarischen Gründen, da eine Trennung der Seminarzöglinge von den jun­gen Damen im Gymnasialge­bäude schwierig war. Es kam nicht zu, einem termingerechten Beginn des Unterrichts am Se­minar, da noch wichtige Utensi­lien fehlten. In einem Schrei­ben an das Unterrichtsministe­rium in Berlin wurde aber dann gemeldet: „Das Lehrerseminar in Euskirchen ist am 18. Mai 1909 mit 35 Zöglingen eröffnet worden."

Nach einer Bauzeit von einem Jahr und 5 Monaten konnte am 15. November 1913 das neue Gebäude an der Kom­merner Straße unter großer Anteilnahme der Bevölkerung eingeweiht werden.

10 Jahre Warten

Der in Stotzheim im Ruhe­stand lebende Pädagoge Fritz Potthoff hat in manchen Be­richten Seminarlehrer und Schulleben treffend zu schil­dern gewusst. Auch die Fest­schrift zur „Abschlussfeier am Staatlichen Lehrerseminar in Euskirchen am 30. Mai 1926", verfasst vom damaligen Schulamtsbewerber Josef Odenbach, heute Schulrat i.R., gibt dem Stadthistoriker guten Auf­schluss über die Aktivitäten der Euskirchener Lehrerbildungs­anstalt.

So wurde u.a. festge­halten, dass in 17 Jahren 376 Lehrer ausgebildet wurden. Wegen der „Überproduktion" von Lehrern, die teilweise bis zu 10 Jahre auf ihre Einstellung warten mussten, war auch die Euskirchener Anstalt zu schlie­ßen.

Wenn auch später die Staat­liche Aufbauschule, Berufs­- und Berufsfachschulen in das alte Gebäude einzogen, so heißt der jetzt trostlose Bau auf der Kommerner Straße immer noch bei den Euskirchenern: das Lehrerseminar.

Tausende von Schülern haben z. B. bei folgenden, in unserem Kreis eingesetzten „Seminaristen" Unterricht gehabt: Stefan Ba­rion, Josef Baum, Josef Blaumeister, Franz-Josef Dederichs, Wilhelm Engelen, Wilhelm En­gels, Peter Gebertz, Nikolaus Keul, Peter Kirch, Jean Koch, Gerhard Kolvenbach, Josef Metz, Engelbert Misgeld, Josef Odenbach, Peter Odenbach, Jo­hann Ophoves, Robert Padberg, Gregor Platten, Franz Schmitz, Matthias Strick, Egidius Wassong, Heinrich Weber, Philip Josef Weitzel, Matthias Zin­ken.

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