Die Zerstörung des Voreifeler Eisenbahnnetzes
und der erste Aufbau nach Kriegsende (1944 und 1945) –
Eine Bestandsaufnahme des Reichsbahn-Betriebsamtes Euskirchen

von Hans-Dieter Arntz
20.09.2008

Die gewissenhaft geführte Chronik des einstigen Reichsbahn- bzw. Bundesbahn-Betriebsamtes Euskirchen beweist, daß die Bahnanlagen der Kreisstadt auch im 2.Weltkrieg strategischen Wert hatten. Die systematische Zerstörung ab 1944 spiegelt sich in der Chronik:

11. September 1944
Großluftangriff auf 3 Munitionszüge in Odendorf. Es gab verletztes Zugpersonal. Zugführer Josef Heinen, Bf Euskirchen, der einen dieser Züge begleitete, kam ums Leben. Er wurde vermutlich vollständig in Stücke gerissen, da weder Einzelteile seines Körpers noch seiner Kleidung bis heute gefunden wurden.

22. September 1944
RR Schüller, Vh Ba Euskirchen, im Bf Euskirchen Nähe Stellw. ELT durch Tiefflieger tödlich verletzt und am 26. September gestorben.

29. September 1944
Großluftangriffe auf die Anlagen des Bfs Euskirchen. Beide vollbesetzten Eisenbahnbunker total vernichtet. Viele Tote; u. a. kam t ROI Fritsche, Dvst Bm Euskirchen, ums Leben. Es folgten fast täglich Luftangriffe auf Bf Euskirchen.

7. Oktober 1944
Großluftangriff auf Bf Euskirchen mit Zerstörung des Empfangsgebäudes und sämtlicher Gleisanlagen. Unter Einsatz von Tausenden von fremden und hiesigen Arbeitskräften wurde nachts jedesmal wieder ein Hauptgleis im Bf Euskirchen fahrbar gemacht. Die Zerstörung dieser Arbeiten erfolgte  planmäßig durch Luftangriffe am nächsten Vormittag.

10. Oktober 1944
Wegen Zerstörung der Büroräume im Ba-Gebäude erfolgte Verlegung des Ba und der ZI nach Euskirchen, Münstereifeler Straße, ins Franziskanerkloster (Südstadt). Beginn mit Evakuierung der Bevölkerung der Stadt Euskirchen.

24. Dezember 1944
Großluftangriff auf Euskirchen. Vollständige Zerstörung des Ba-Gebäudes. Durch fortdauernde Luftangriffe kamen viele Eisenbahner ums Leben.

13. Januar 1945
Durch dauernde Luftangriffe auf die Südstadt wurden Ba und ZI nach Arloff verlegt. Durch Einrichtung einer Wehrmachts-Panzerreparaturwerkstätte im Arloffer-Tonwerk entwickelte sich auch hier rege Fliegertätigkeit tags und nachts.

Beginn mit dem Bau eines Gleisverbindungsbogens von Großbüllesheim, nördlich von Euskirchen verlaufend, der in Eisig in den bereits bestehenden Gleisverbindungsbogen (Dürener-Trierer-Strecke) einmünden sollte. Dieser neue Verbindungsbogen konnte nur in 8/ 10-Länge fertiggestellt werden, da die Feindfront ständig näher rückte.

3. März 1945
Verlegen des Ba Euskirchen nach Godesberg.

4. März 1945
Verlegen der ZI Euskirchen nach Rheinbach-Duisdorf und Auflösung der ZI. Verlegen des Ba Euskirchen nach Flammersfeld (Westerwald).

10. März 1945
Auflösung des Ba Euskirchen. Ein schweres Erbe hatte die Reichsbahn zu übernehmen, als im Mai 1945 die Kampfhandlun­gen des 2. Weltkrieges beendet waren. Der jahrelange Bombenkrieg hatte Hunderte von Bahnhöfen buchstäblich umgepflügt. Ein wirres Durcheinander zerstörter Gleise, umgestürzter und demolierter Fahrzeuge, zersplitterte und verbogene Stahlkonstruktionen, oft zu grotesken Trümmergebirgen ineinandergeschoben, umgeknickte Leitungsmaste, von Ruß geschwärzte Mauerreste, dazu eine unübersehbare Zahl von Bombenkratern: das war das Bild, das die Bahnhöfe damals boten. In den Gegenden, in denen der Besetzung durch die alliierten Heere harte Kämpfe vorangingen, wurde das Unheil durch Artilleriebeschuß und andere Kampfein­wirkungen noch vermehrt. Den entscheidenden Schlag erhielten die Eisenbahnen aber erst durch die umfangreichen Sprengungen, mit denen die deutsche Wehrmacht den Vormarsch der Alliierten aufzuhalten suchte.

Das FOTO auf S.491 bzw. 217 ist eine Luftaufnahme und stammt aus einer amerikanischen Illustrierten, in der sie als „Musterbeispiel" für die Zer­trümmerung deutscher Bahnhöfe be­zeichnet worden war. Die Aufnahme ist von der amerikanischen Luftaufklä­rung um die Jahreswende 1944/45 gemacht und von einem Euskirchener Bürger aus amerikanischer Gefangen­schaft mitgebracht worden. Sie zeigt (rechts) die zerbombte Kölner Straße mit (unten) der Gabelung am „Krausen Baum“. Parallel dazu (halbrechts) den Bahnkörper, und zwar das Stück zwi­schen Erft (Querlinie im unteren Bild­viertel) und der Lok-Drehscheibe in Höhe Rosentalstraße. Nur ein Schie­nenstrang in Richtung Köln-Bonn wurde immer wieder befahrbar gemacht. Links Wolkenschatten, oben links das Gelände der Westdeutschen Steinzeugwerke.

Die Zerstörungen im Bahnhof Euskirchen waren nahezu vollständig. Anfang 1945 erschien in einer amerikanischen Zeitung diese Luftaufnahme. Die vier im Bahnhof Euskirchen liegenden Brücken waren nahezu vollständig zerstört. Die Unterführung Münstereifeler Straße fiel durch Zerstörung der Widerlager und des eisernen Überbaues aus. Ebenso war die Unterführung Rosentalstraße bis auf die Fundamente zerstört. Die Erftbrücke wies eine Zerstörung der Gewölbe und eine teilweise Zerstörung der Widerlager auf, während an der Unterführung Bonner Straße 2 Überbauten vollständig und die Widerlager teilweise das Opfer des Krieges geworden waren.

Diese Zerstörungen, die in anderen Bezirken teilweise genau so groß waren, führten in ihrer Gesamtheit den eigentlichen Niederbruch der Reichsbahn herbei. Sie bewirkten das Auseinan­derfallen des großen Streckennetzes in eine Vielzahl von meist nur kurzen Einzelstrecken, schnitten Lokomotiven und Wagen auf isolierten Gleisstümpfen ab, hoben die Verbindung zwischen den einzelnen betriebsleitenden Stellen auf und lähmten so jede Bewegung auf den Schienen.

Bei den Hochbauten traten die Zerstörungen genau so eindrucksvoll in Erscheinung wie bei den Brücken. Das Empfangsgebäude in Euskirchen war nahezu vollständig zerstört. Ebenso war es dem Güterschuppen ergangen. Alle größeren Anlagen im Betriebswerk Euskirchen waren vernichtet. Das Stellwerk Ert, ein Rangierstellwerk, das Stellwerk Ebb, am Bahnsteig gelegen, und das Stellwerk Elt waren dem Erdboden gleichgemacht, während die Stellwerke Eot und Ewt starke Beschädigungen aufwiesen. Der Wasserturm im Westteil des Bahnhofs war gesprengt worden. Ablaufberg und Gleiswaage waren vernichtet.

Hinzu kamen noch zahlreiche kleinere zerstörte Nebengebäude, die das Bild der Zerstörung abrundeten.

Die Gleisanlagen bestanden nur noch aus zusammenhanglosen Gleisstümpfen, auf denen mehr oder weniger zerstörte Personen- und Güterwagen oder ihre Reste standen. Die Zahl dieser Wagen betrug über 250.

Die vollständige Zerstörung der Signal- und Fernmeldeanlagen, die an sich nicht so sehr ins Auge fiel, war bedeutungsvoll.

Das Dienstgebäude des Reichsbahn-Betriebsamtes Euskirchen in der Friedrichstraße brannte nach einem Bombenangriff am 27. Dezember 1944 vollständig aus. Dann war Kriegsende.

Am 15. August 1945 fiel die Kontrolle durch die amerikanischen Truppeneinheiten weg, und der Betrieb unterstand wieder uneingeschränkt der Deutschen Reichsbahn.

Das RBA Euskirchen wurde am 1. August 1945 eingerichtet. Von den Strecken des ehemaligen RBA Euskirchen war an diesem Tage die operative Bahn Aachen - Düren - Euskirchen - Bonn mit beiden Gleisen im Betrieb. Alle anderen Strecken waren noch unterbrochen. Durch den Bf Euskirchen führte die operative Bahn nur mit einem Gleis, ein zweites Gleis war als Überholungsgleis im Betrieb. Der Betrieb der operativen Bahn wurde am 15. August 1945 von der RBD Köln übernommen.

Bei Einrichtung des Amtes waren durch Kriegshandlungen zerstört:

55 Brücken, 3 Tunnel, 47 km Gleise, 424 Weicheneinheiten und 73 Bauten, wie Empfangsge­bäude, Güterschuppen, Stellw. usw. und sonstige Dienstgebäude.

Im Zuge der operativen Bahn waren die zerstörten Brücken von den Besatzungsmächten durch Behelfsbrücken ersetzt worden.

Die Chronik des Reichsbahn- bzw. Bundesbahn-Betriebsamtes hält die Aufbauleistungen mit genauen Daten und Leistungen fest:

 

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